Verantwortungsvoller Waldschutz statt dauerhafter Stilllegung
Die Gemeindevertretung hat mit der denkbar knappsten Mehrheit von einer Stimme (11 schwarz-grüne Koalition + 1 koalitionsfreie Grüne gegen 11 SPD) beschlossen, 10 % des Gemeindewaldes aus der Bewirtschaftung zu nehmen und sich selbst zu überlassen. Jetzt wurden dafür die Flächen ausgewählt und beschlossen.
Bedenken und Einwände der Fachleute von Hessen Forst, die unseren Wald kennen und pflegen, wurden dabei übergangen.
Die SPD-Fraktion setzt sich für einen zukunftsfähigen, klimaresilienten Wald ein. Wir teilen das Ziel, unseren wertvollen Wald zu schützen und zu stärken. Allerdings halten wir die dauerhafte Stilllegung von 10 % des Waldes für einen fatalen Fehler.
Wir wollen einen lebendigen, gesunden Wald bewahren, der auch künftigen Generationen als Erholungsraum, Klimaschützer und Rohstoffquelle dienen kann. Dafür braucht es einen verantwortungsvollen, wissenschaftlich fundierten Ansatz statt ideologischer Festlegungen. Wir haben deshalb eine Alternative vorgeschlagen: das Programm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundesumweltministeriums.
Warum wir diese Alternative vorschlagen
1. Klimawandel erfordert aktives Handeln: Der Wald braucht unsere Hilfe, um sich an veränderte Klimabedingungen anzupassen. Eine Stilllegung verhindert notwendige Pflege- und Anpassungsmaßnahmen.
2. Kleine Flächen, große Risiken: Die geplanten kleinen, verstreuten Naturwaldflächen haben laut Experten kaum ökologischen Nutzen. Sie könnten sogar die Ausbreitung von Schädlingen begünstigen.
3. CO2-Speicherung optimieren: Nachhaltig bewirtschaftete Wälder können langfristig mehr CO2 speichern als sich selbst überlassene Wälder.
4. Aus Erfahrungen lernen: Nachbarkommunen wie Langenselbold erleben mit der Waldstilllegung bereits Probleme, von denen wir lernen sollten.
5. Flexibilität bewahren: Eine Festlegung „auf alle Zeiten“ nimmt uns die Möglichkeit, auf zukünftige Entwicklungen zu reagieren.
Unser Alternativvorschlag: Klimaangepasstes Waldmanagement
- Zeitlich begrenzte Stilllegung von 5% der Waldfläche für 20 Jahre
- Erlaubnis für notwendige Pflege- und Schutzmaßnahmen
- Zusätzliche Maßnahmen für einen verbesserten Artenschutz
- Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Strategie
- Aktiver Waldumbau für mehr Klimaresilienz
- Erhalt der wertvollen Eichenbestände
Die schwarz-grüne Koalition wollte sich darauf nicht einlassen und ist leider mit ihrem Stilllegungsantrag vorgeprescht. Das von uns vorgeschlagene Programm wollte sich die Koalition allenfalls on top vorstellen. Als Alternative kam es für sie nicht in Betracht.
Armin Deckenbach begründete in der Gemeindevertretung die Haltung der SPD-Fraktion durch eine eingehende Analyse des Stilllegungsvorhabens.
Seinen vertiefenden Beitrag kannst du hier nachlesen
Frau Vorsitzende, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste
Die Hammerbacher Sozialdemokraten werden ihrem Antrag „Schaffung von Naturwaldflächen in Hammersbach – Wir stärken unseren Wald“ nicht zustimmen.
Wir halten Ihr Vorhaben in dieser Form für einen kapitalen Fehler. Warum, werde ich noch darstellen.
Die SPD-Fraktion hat dazu einen alternativen Antrag vorgelegt, der ihr Anliegen aufgreift, aber die von Ihnen gewollte Festlegung „auf alle Zeiten“ ganz bewusst vermeidet. Wir haben das „Klimaangepasste Waldmanagement“ auch als Kompromissangebot verstanden, mit dem wir uns einander annähern könnten.
Schließlich wollen wir im Grund dasselbe: einen klimaresilienten, stabilen Wald, der auch in Zukunft seine vielfältigen Aufgaben nachhaltig erfüllen kann. Mit einem besonderen Augenmerk auf den Artenschutz, ohne dabei die wirtschaftlichen und sozialen Funktionen des Waldes aus dem Blick zu verlieren.
Unser Antrag liegt heute noch im Ausschuss, weil dort noch eine Begehung von Naturwaldflächen zusammen mit unseren Förstern verabredet war, die bisher nicht terminiert werden konnten. Nun sind Sie mit Ihrem Antrag vorgeprescht. Der geplanten Begehung kommen Sie damit zuvor. Warum die Eile? Wollen Sie den möglichen Erkenntnissen aus dieser Begehung lieber ausweichen? Oder sind Ihnen die Erkenntnisse, die eine solche Begehung bringen würden, einfach egal?
Mein Eindruck aus den vielen Ausschussberatungen ist: die Förster, die Praktiker des Waldes, nerven Sie mit ihren Hinweisen, Einwänden und Erläuterungen. Dass Herr Stemmler vorgeschlagen hat, zunächst das „Klimaangepasste Waldmanagement“ umzusetzen, also zuerst unserem Antrag zu folgen, und nach dem Ablauf des Programms zu prüfen, wie man mit der Stilllegung weiter verfahren sollte, haben Sie still und heimlich übergangen.
So viel vorweg. Nun konkreter zu Ihrem Antrag.
Schon die Überschrift „Wir stärken unseren Wald“ muss hinterfragt werden. Stärken wir damit wirklich unseren Wald? Wir glauben Nein. Zumindest muss darüber ein großes Fragezeichen gesetzt werden. Ihr Ewigkeitsexperiment könnte auch vollkommen scheitern und zum Gegenteil dessen führen, was Sie sich erhoffen.
Ich will dazu auf einzelne Punkte ihres Antrags eingehen.
Sie schreiben: Der Beschlussvorschlag sieht vor, 10 % des Hammersbacher Waldes als Naturwaldfläche auszuweisen.
Bei einer zusammenhängenden Fläche von dann 54 ha wären vielleicht noch nachvollziehbare Effekte für das Ökosystem zu erhoffen. So sind die Flächen aber auf 11 verschiedene Standorte im Hammersbacher Wald verteilt. Darunter Flächen von unter einem Hektar. Das sind Nadelstiche im Wald ohne nachgewiesenen ökologischen Nutzen. Sie haben damals die These aufgestellt, es würde sich hier um “Trittsteine“ handeln. Gerade durch diese kleinen nicht zusammenhängenden Flächen wäre ein positiver Effekt zu erwarten. Es wurde aber nie aufgelöst, für welche Arten denn konkret diese positiven Effekte zum Tragen kommen würden. Die „Trittstein-Theorie“ ist uns ja nicht fremd. Deshalb haben wir in den 90-er Jahren mit der Biotopvernetzung in der Feldflur angefangen. Aber wenn das jetzt auf die Wald-Stilllegung übertragen wird, sollte das doch mal anhand von zu schützenden Arten belegt werden. Denn klar ist auch eins: Die 11 ausgewählten Flächen sind auch 11 willkommene Habitate für Waldschädlinge. Beim Besuch in Nidderau wurde genau dieses Problem angesprochen.
Es gibt viele wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass solche Kleinflächen den gesetzten Zielen nicht dienlich sind. Deshalb setzt sich z.B. der NABU für große Waldschutzgebiete ein und hält von solchen kleinen Kerngebieten überhaupt nichts.
„Eigenständig funktionsfähig und damit optimal ist ein Gebiet erst dann, wenn garantiert ist, dass trotz natürlicherweise oder durch Menschen auftretender Störungen immer alle Habitatstrukturen aller Waldphasen in ausreichender Dichte mit allen charakteristischen Arten in all ihren Entwicklungsstadien mit ausreichender Populationsdichte vorhanden sind. Daher haben das Bundesumweltmisterium und Landesfachbehörden in ihren Qualitätskriterien für Wildnisgebiete (rechtlich gesicherte, dauerhaft unbewirtschaftete Gebiete, in denen im Regelfall spätestens nach 10 Jahren ausschließlich natürliche Prozesse wirken) im Wald eine Mindestgröße von 1.000 Hektar festgelegt (BfN & BMU 2018). Auf europäischer Ebene gelten sogar 3.000 Hektar als Mindestgröße. Kleine Kernflächen können dies nicht erfüllen. Kommen sie in die Zerfallsphase, dann müssen die vorkommenden Arten abwandern.“
„Kleine Kernflächen bergen die Gefahr, dass aufgrund des Mangels an standörtlicher Diversität und ihres Inselcharakters in der späten Waldentwicklungsphase auch eine geringere genetische Diversität bei Pflanzen-, Tier- und Pilzarten vorhanden ist.“ [Quelle für beide Auszüge: Mark Harthun (NABU), Zur Bedeutung der hessischen Naturwälder im Klimawandel, im Jahrbuch Naturschutz in Hessen, Band 19, 2020]
Die hessische Landesregierung hat ebenfalls ihre Konsequenzen gezogen. Minister Ingmar Jung (CDU) wünscht ausdrücklich keine weiteren Stilllegungen im Staatswald. Er fürchtet mehr Schaden als Nutzen: „Der Klimawandel ist schneller als die natürliche Anpassungsfähigkeit der Bäume. Deshalb braucht der Wald unsere Hilfe. Diese Hilfe muss schnell, entschlossen und an wissenschaftlichen Kriterien orientiert sein.“ [Quelle: PM des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat, 16.05.2024]
Sie schreiben: Die Gemeindevertretung beschließt, dass – außer zur Verkehrssicherung – auf den vorstehenden Flächen keine Baumfällarbeiten mehr durchgeführt werden dürfen.
Dazu sage ich nur, der Eichenprachtkäfer wird sich über diese Entscheidung freuen. Wir hatten diese Problematik gerade im Frühjahr, wo Sie nur widerwillig einer Entnahme der befallenen Bäume zugestimmt haben. In Zukunft wird das dann gar nicht mehr möglich sein.
Und genau da steckt das Problem. Sie argumentieren gerne, es sind doch nur 10 Prozent des Waldes, die wir aus der Bewirtschaftung nehmen. 90 Prozent bleiben unberührt. Das ist ein gravierender Fehlschluss. Die 10 Prozent stehen mit den 90 Prozent in dauernder Wechselwirkung, insbesondere wenn die Schutzflächen so schön durch den Wald verteilt sind wie bei uns. Wenn ich auf den 10 Prozent Schädlinge „züchte“, werden die sich auch auf den 90 Prozent bemerkbar machen. Gerade diese Tatsache wird uns seit letztem Jahr sehr deutlich in ganz Hessen vor Augen geführt.
Nun zu Ihrer Begründung:
Seit langer Zeit ist zu beobachten, dass der Klimawandel unserem Wald zusetzt. Der geringe Niederschlag, die hohen Temperaturen und der damit eingehende erhöhte Wasserstress haben bereits schwere Schäden in unserem Wald verursacht.
Diese Beobachtung ist zweifellos richtig. Über die Diagnose können wir uns schnell einigen. Die Frage ist aber, ob Stilllegungsflächen die Probleme lösen werden.
Hier zitiere ich die Forstwirtschaft Vereinigung Oberbayern:
„Und, was ist nun besser? Ein Naturwald oder ein bewirtschafteter Wald?
Ganz klar: Ein dauerhaft nachhaltiger und naturnah bewirtschafteter Wald. Denn ein Wald, der der Natur überlassen wird, kann zwar bis zu einem gewissen Alter oftmals mehr Biomasse und damit auch mehr Kohlenstoff gebunden haben. Aber ab einem gewissen Alter wird die Kohlenstoffaufnahme weniger und nähert sich dann einem konstanten Wert an, da Wachsen und Vergehen ins Gleichgewicht gelangen. Stirbt der Baum ab und verrottet vor sich hin, gibt er sogar wieder CO2 an die Atmosphäre ab.
Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald dagegen hat zwar womöglich weniger absolute Biomasse und damit mengenmäßig weniger gebundenen Kohlenstoff, dafür entzieht er der Luft aber auch im hohen Alter jedes Jahr neuen Kohlenstoff, da aus ihm immer wieder Bäume entnommen werden, um sie zu nutzen. Der im Holz gebundene Kohlenstoff bleibt etwa in Möbeln oder Gebäuden gebunden und sorgt für Substitutionseffekte. Gleichzeitig wachsen im Wald wieder neue Bäume nach und binden neuen Kohlenstoff. Auf längere Zeit gesehen hat dies also Vorteile.
Und auch das dürfen wir nicht vergessen: Durch den Klimawandel verändern sich auch die Rahmenbedingungen für unsere Wälder. Hitze. Trockenheit. Wetterextreme schaden dem Wald. Nicht alle Baumarten können in diesen neuen und sich weiter ändernden Bedingungen gut wachsen. Sie sind risikoanfällig. Einige sprechen vom Waldsterben 2.0. Wir müssen unsere Wälder klimafit für die Zukunft machen. Das geht nur, wenn wir den Wald „umbauen“. Also besser angepasste Baumarten anstelle der anfälligeren Arten pflanzen. Vielleicht müssen wir aber auch ganz andere Baumarten pflanzen, als wir es heute prognostizieren.
Und noch eins: Ein naturnah bewirtschafteter Wald mit auf der Fläche integrierten Habitatstrukturen hat auch keine Nachteile bei Artenvielfalt und Biodiversität.
Soll der Wald auch in Zukunft seine Klimaleistungen erfüllen, muss er auch die Chance dazu haben! Hierzu muss er nachhaltig und naturnah gepflegt und bewirtschaftet werden.“
Es geht ja in der Argumentation für die Waldstilllegung auch immer darum, dass wir die Bäume, die ja ein viel höheres Alter erreichen könnten und dann gerade für den Artenschutz besonders wichtig wären, viel zu früh dem Ökosytem entnehmen. Diese Theorie scheitert aber im Klimawandel an der Realität! Wir sehen doch, dass unsere Buchen in höherem Alter dramatische Absterbeerscheinungen zeigen und das gewünschte hohe Alter gar nicht erreichen. Die Altbestände, in denen man jetzt aktiv eine Verjüngung eingeleitet müsste, und dies bereits frühzeitig, bevor die Bäume entnommen werden oder absterben, sollen nun dem Einfluss des Försters entzogen werden. Wenn wir das Wort Nachhaltigkeit ernst nehmen, müssen wir, gerade in der heutigen Zeit und in Kenntnis der dramatischen Herausforderungen den Waldumbau aktiv gestalten!
Sie schreiben: So entstehen jede Menge verschiedene Lebensräume, von denen seltene und von alten Wäldern abhängige Pflanzen- und Tierarten profitieren.
Dies ist uns zu allgemein. Hierzu wurden auch keine tieferen Untersuchungen vom Planungsbüro IBU angestellt. Schädigen wir nicht langfristig den Lebensraum unserer seltenen Tierarten, zum Beispiel den Hirschkäfer, der von der Eiche abhängig ist, wenn die Eiche in einem von Buchen dominierten Naturwald zurückgedrängt wird. (Beispiel Naturwald Weibersbrunn)
Sie schreiben: Ein vielfältiger Wald mit einem funktionierenden Ökosystem in dem Bäume sehr alt werden können, speichert mehr klimaschädliches CO2. Er ist auch besser gegen die Klimakrise gewappnet, da er extreme Hitze und Trockenheit besser wegsteckt.
Hier verweise ich nochmals auf das Zitat der Forstwirtschaft Vereinigung Oberbayern, das im Übrigen auch die gut begründete Auffassung unserer zuständigen Förster widerspiegelt.
Sie schreiben: …und große Mengen von lebendem und abgestorbenen Holz.
Abgestorbenes Holz gibt CO2 frei, forstwirtschaftlich genutztes Holz bindet CO2 nachhaltig als Bauholz oder in Möbeln.
Sie schreiben: die Nachbarkommunen Nidderau und Langenselbold haben sich bereits auf diesen Weg gemacht
Gerade in Langenselbold mit mäßigem Erfolg. Langenselbold hat mehr Probleme als Nutzen. Dort werden gerade heftige Diskussionen geführt, weil der gewünschte Effekt, dass die Bäume alt werden können, gerade nicht eintrifft und sich ins Gegenteil verkehrt: Die Buchen sterben flächig ab. In der Verjüngung fühlt sich durch das plötzlich auf den Boden fallende Licht, den damit verbundenen Nährstoffschub und durch den verstärkten Humusabbau vor allem die Brombeere wohl. Gewünschte Baumarten, wie die Eiche oder der Spitzahorn, können nicht eingebracht werden. Die Landwirte beklagen hohe Wildschäden durch das neu geschaffene Schwarzwildparadies, und die Jäger beklagen, dass diese Flächen praktisch nicht mehr zu bejagen sind. Wildschäden können nicht ausreichend verhütet werden und eine vorbeugende ASP-Bekämpfung ist nicht möglich. Ein positives Beispiel ist das wahrlich nicht. Die CDU in Langenselbold weist deshalb auf diesen Irrweg unermüdlich hin.
In Nidderau konnten wir selbst einen Eindruck gewinnen. Mein Eindruck: die Grünen sind enorm stolz, dass sie das Experiment durchgesetzt haben. Ob das ein Erfolg wird, kann man aber heute noch nicht sehen. Dazu werden noch Jahre vergehen. Auch hier ist die oppositionelle CDU in jedem Fall völlig anderer Meinung.
Sie schreiben: Wir stehen für ein gutes und respektvolles Miteinander bei der Frage, wie wir unseren Wald optimal schützen und werden auch weiterhin die nachhaltige und ökologisch sinnvolle forstwirtschaftliche Nutzung vor Ort ermöglichen und unterstützen
Das gute und respektvolle Miteinander haben wir vermisst, als wir mit unserem Antrag zum „Klimaangepassten Waldmanagement“ eine Alternative zur absoluten Waldstillegung vorgelegt haben. Unser Angebot wurde nie ernsthaft in Betracht gezogen.
Sie schreiben: Wir haben in unserem Koalitionsvertrag miteinander vereinbart, den erfolgreichen Beispielen vieler Kommunen zu folgen und in dieser Wahlperiode 10 Prozent unseres Waldes dauerhaft aus der forstlichen Nutzung zu nehmen und sie als Stilllegungsflächen auszuweisen.
Sie folgen reiner grüner Ideologie. Gerade unter den CDU-Vertretern sind Personen, die den Wald gerne als Brennholzlieferant nutzen und immer darauf bedacht waren, dass die Brennholzpreise stabil niedrig bleiben, und vor ein paar Jahren noch nachgefragt haben, ob man das damalige Defizit im Gemeindehaushalt nicht mit einem Sonderhieb verringern könnte.
Die Waldstilllegung für 100 Jahre erfolgt als Koalitionskompromiss. Dem muss sich der Artenschutz, der Waldschutz und die nachhaltige Produktion des Rohstoffes Holz also unterordnen.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden, einem Nutzungsverzicht als Resultat einer Abwägung, die gezeigt hat, welche Arten denn hiervon profitieren, dem entziehen wir uns nicht. Aber die von uns immer geforderten Definition dessen, was man denn genau wie schützen will, hat es nicht gegeben. Sie war nicht gewünscht. Stattdessen wird der Koalitionsvertrag als Begründung angeführt.
Sie schreiben: alle Flächen sind „ÖKOPUNKTE-fähig“
Damit veräußern Sie ohne Not 10% unseres Waldes, denn mit dem Verkauf der ÖKO-Punkte geben wir diese 10% des Waldes dauerhaft aus der Hand.
Die ÖKO-Punkte sind alles andere als dauerhaft und nachhaltig.
Sie schreiben: Auf Grundlage der zahlreichen Ausschusssitzungen mit dem Planungsbüro (samt Präsentationen und Beratung) sowie unserem Revierförster und mehrerer Ortsbegehungen unter fachlicher Beteiligung, sind wir der Überzeugung, dass von unserem Antrag insbesondere der Wald aber auch unsere Gemeinde profitieren wird.
Das habe ich schon betont: Gerade die Revierförster fanden nicht ausreichend Gehör. Einer noch ausstehenden Begehung von bereits bestehenden Naturwaldflächen mit den Förstern kommt dieser Antrag zuvor.
Zum IBU-Institut kann man so viel sagen: das Büro hat im Rahmen seines Auftrages sehr ordentlich gearbeitet. Man muss nur wissen, dass die Kriterien, die das Büro abgearbeitet hat, aus dem Jahr 2009 stammen. Da war vieles, was man heute über das Waldsterben 2.0 und die mangelnde Klimaresilienz unserer Wälder weiß, noch nicht hinreichend bekannt. Seitdem haben sich die Probleme deutlich verschärft.
Wir sind auf Grund der aufgeführten Argumente nicht der Überzeugung, dass von Ihrem Antrag insbesondere der Wald, aber auch unsere Gemeinde profitieren werden.
Die Festlegung „auf ewig“ ignoriert, dass heute niemand weiß, ob unsere kleinen Naturwaldparzellen am Ende wirklich Arten schützen und ob sie dem Klimawandel standhalten können. Wir sollten viel vorsichtiger sein und uns das Instrument einer behutsamen und nachhaltigen Waldpflege nicht selbst aus der Hand schlagen.
Ihr Motto „Der Wald braucht eine Atempause“ trifft es nicht. Besser müsste es heißen „Der Wald braucht dringend Hilfe“. Unser Antrag zum „Klimaangepassten Waldmanagement“ versucht deshalb ihr Anliegen aufzunehmen, aber das Risiko von endgültigen Festlegungen zu vermeiden.
Hier ist die Stilllegung (auf 5 % der Fläche) zunächst auf 20 Jahre begrenzt ist. Das gibt uns die Gelegenheit, am Ende des Zeitraums den Erfolg der Maßnahme zu bewerten, bevor weitere Beschlüsse gefasst werden.
Ein weiterer Vorteil ist, dass in den Stilllegungsflächen naturschutzfachlich notwendige Pflege- oder Erhaltungsmaßnahmen gestattet sind. Auch die Entfernung einzelner Bäume zur Abwehr von Gefahren ist erlaubt. Den Schutz und die Erhaltung der wertvollen Eichenbestände können wir auf diese Weise gewährleisten.
Dazu kommen dann noch eine ganze Reihe weiterer Ökosystemleistungen, die dem Artenschutz dienlich sind.
Das ist das bessere Paket.
Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Stellen sie den Antrag zurück. Lassen Sie und zusammen mit den Forstleuten aktuelle Eindrücke in den Naturwaldflächen gewinnen und dann auf aller Augenhöhe nochmals beraten.
UPDATE 04.11.2024 / Heute erreichte uns die Nachricht, dass die für das Programm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ zur Verfügung gestellten Mittel vollkommen ausgeschöpft sind und Erstanträge derzeit nicht mehr bearbeitet werden können.
Bislang wurden etwa 9.000 Anträge positiv beschieden. Damit konnte über ein Fünftel des Privat- und Körperschaftswaldes in Deutschland erreicht werden mit einer geförderten Waldfläche von über 1,6 Millionen Hektar. Der zuständige Minister Cem Özdemir ist hoch zufrieden: „Die volle Ausschöpfung der Mittel zeigt, dass Waldbesitzer den Kampf gegen die Klimakrise engagiert aufnehmen, und dabei unterstützen wir sie nach Kräften. Ich freue mich sehr, dass so viel Wald in ganz Deutschland die nächsten Jahre noch stärker nach klimastabilen Kriterien bewirtschaftet wird. […] So wappnen wir [die Wälder] gegen die Folgen der Klimakrise, damit sie weiterhin Kohlenstoff speichern und die weiteren lebenswichtigen Ökosystemleistungen bereitstellen können.“
Hammersbach hat die Chance vorerst verpasst, obwohl der Vorschlag seit einem Jahr den Gemeindevertretern zur Beratung vorlag.