Solarförderung erneut abgelehnt

Zum zweiten Mal wurde in der Gemeindevertretung der Antrag der SPD zur Solarförderung durch ein mehrjähriges Förderprogramm abgelehnt. Mit 11 Stimmen von CDU/Grünen gegen 11 Stimmen der SPD scheiterte das „100-Solardächer-fürHammersbach-Förderprogramm“ erneut.

Wie ist das möglich?

Wenn du dich vertieft mit diesem wichtigen Thema beschäftigen möchtest, weil dir der Kampf gegen den Klimawandel am Herzen liegt, solltest du lesen, wie Susana Cid Jovic den Antrag der SPD begründet hat:


Antrag: 100 Solaranlagen für Hammersbacher Dächer

Die Gemeinde fördert den Bau von privaten Dach-Photovoltaikanlagen. Dafür steht ab dem Haushaltsjahr 2023 jährlich ein Betrag von 20.000 € zur Verfügung.

Errichtet ein Bürger eine neue Dach-Photovoltaikanlage, erhält er ab einer Leistung von 5 kWp eine Förderung von 100 € pro kWp. Pro neuer PV-Anlage werden maximal 10 kWp gefördert. Dies entspricht einer Höchstförderung von 1.000 € pro neu errichteter Dach-Photovoltaikanlage.

Die Förderung gilt für alle Bürger, egal ob sie ein neues Haus errichten oder ein älteres Haus energetisch verbessern möchten.

Das Programm endet nach 100 geförderten Anlagen bzw. nach Erreichen einer Fördersumme von 100.000 € automatisch. Die Gemeinde behält sich das Recht vor, das Programm per Beschluss der Gemeindevertretung jederzeit zu beenden.

Begründung:

Dies ist unser zweiter Anlauf. Am 22. Februar dieses Jahres wurde unser Antrag in der Gemeindevertretersitzung bei Stimmengleichheit (11:11) abgelehnt. Zwei Tage später fiel Putin in die Ukraine ein und unser bisheriges Sicherheitsgefühl in Europa wurde auf den Kopf gestellt. Der Kalte Krieg ist wieder da. Jetzt – ein halbes Jahr später -scheint der „Krieg“ auch bei uns zu sein. Allerdings in Form von plötzlich auftauchenden Lecks in der Nordstream-Pipeline oder von durchtrennten Glasfaserkabeln, die unseren Zugverkehr lahmlegen.

Zusätzlich zur Problematik der Erderwärmung (2022 war nach 2018 wieder ein extrem trockener Sommer) müssen wir uns Gedanken machen, ob wir im Winter ausreichend Energie zum Heizen haben werden und ob diese Energie für uns bezahlbar sein wird.

Das letzte halbe Jahr hat uns eindringlich gezeigt, wie wichtig es ist, auf alternative Energien umzustellen und auch, dass wir viel zu viel Zeit ohne das nötige Engagement verbummelt haben. Leider auch hier in Hammersbach. Wir haben uns deshalb entschlossen, unseren Antrag nach dem Ende der Sperrfrist erneut zu stellen.

Unser Antrag wurde von der Koalition im Februar als zu voreilig, als nicht ganzheitlich genug bezeichnet und deshalb abgelehnt. Denn besser wäre es laut der Koalition auf eine Klimaschutzmanagerin bzw. einen Klimaschutzmanager zu warten, der die Gegebenheiten in Hammersbach, Kosten und Fördermöglichkeiten genau analysiert und dann ein ganzheitliches Konzept erarbeitet.

Wir fragen hier: Welche Alternativen zur Photovoltaik kann es bei uns geben? Windräder werden in den nächsten Jahren hier wohl nicht entstehen. Biogasanlagen haben wir nicht. Wasserkraft ist keine Alternative in diesen Breiten. Es bleibt uns nur die Kraft aus der Sonne.

Wir fragen außerdem: Wie lange sollen wir warten, bis der Gemeindevorstand eine geeignete Klimaschutzmanagerin bzw. Klimaschutzmanager einstellt? Und was sollte denn die Klimamanagerin bei ihren „ganzheitlichen“ Untersuchungen anderes herausfinden, als das, was ich gerade festgestellt habe. Wenn wir in Hammersbach erneuerbare Energien fördern wollen, bleibt uns nur die Kraft aus der Sonne.

Inzwischen ist bei so einem wichtigen und zukunftsorientierten Thema ein halbes Jahr ungenutzt verstrichen.

Die Koalition befürchtete im Februar auch einen „Mitnahmeeffekt“ durch die Hammersbacher Bürgerinnen und Bürger. Wir befürchten ihn nicht, wir hoffen auf ihn! Wir hoffen, dass 100 Hammersbacher Familien sich durch den gesetzten Anreiz entschließen, ihr Dach mit einer PV-Anlage auszustatten. Und die Aussichten dafür stehen gut. Wir wissen das durch viele Gespräche mit den Menschen in unserer Gemeinde: Sie kommen auf uns zu und fragen nach dieser Förderung. Das Interesse ist groß. Aber viele schrecken bei einer Photovoltaikanlage vor der Investition zurück, die sich erst nach etlichen Jahren amortisieren wird. Genau diesen letzten Anreiz, den es braucht, doch eine Anlage zu kaufen, bietet dieser Antrag.

Der Umstieg auf regenerative Energieträger ist der dringend nötige grundlegende Wechsel in der Energiepolitik, der auf allen Ebenen mit höchster Priorität beschleunigt werden muss. Dieser Umstieg muss auch dort unterstützt und gefördert werden, wo die Menschen zuhause sind, in den Städten und Gemeinden. Also hier bei uns vor Ort.

Was können wir erreichen? Wie groß ist der Effekt?

Ein 10 kWpeak-Dach würde in Hammersbach etwa 9000 kWh produzieren, ausreichend für den Jahresbedarf von 2 bis 3 Haushalten. 100 Dächer dieser Größe könnten also mit bis zu 900.000 kWh (fast 1 Gigawatt/h) Strom für 200 bis 300 Haushalte liefern.

Würde diese Strommenge über Kohlekraftwerke (diese emittieren 800 kg CO2 pro 1000 kWh) statt über PV erzeugt, würden 720 Tonnen CO2 in die Luft gepustet! Jährlich! Bisher lassen wir das einfach zu.

Zur Einordnung kann noch Folgendes gesagt werden:

In Hammersbach sind (Stand heute) 199 Anlagen mit insgesamt 2.443 kWp und einem Jahresertrag von rund 2,25 GWh/Jahr. Darin sind schon alle – meist größeren – Anlagen auf kommunalen Gebäuden und auf den großen Dachflächen der Einzelhändler (Aldi etc.) enthalten.*) Die 199 Anlagen sind im Verlauf von etwas mehr als 2 Jahrzehnten entstanden, im Schnitt also 9 Anlagen pro Jahr. Das ist aus unserer Sicht zu langsam.

(Quellen: https://www.rechnerphotovoltaik.de/photovoltaik/in/hessen/hammersbach und www.marktstammdatenregister.de der Bundesnetzagentur)

Gelingt es uns, einen Zubau um 100 Anlagen mit der genannten Leistung anzustoßen, käme das einer erheblichen Verbesserung gleich. Wir würden in kurzer Zeit noch einmal knapp die Hälfte zubauen.

Selbst das allerdings kann nicht das Ende unserer Anstrengungen sein, denn vom gesamten Hammersbacher Stromverbrauch würden dann erst knapp 20 Prozent durch PV gedeckt. Mit der 1-Megawatt-Dachanlage auf der dritten Halle im Gewerbegebiet Limes verbessert sich die Bilanz weiter auf etwa 25 Prozent. Dann hätte sich innerhalb weniger Jahre die Produktion von Solarstrom in unserer Gemeinde immerhin fast verdoppelt.

Dennoch, Hammersbach wird seinen Strombedarf auf absehbare Zeit nicht vollständig durch eigene Erzeugung decken können. (Das wäre nur mit WKA möglich gewesen.) Aber unsere Gemeinde kann und muss in den nächsten Jahren noch deutlich nachlegen. Das 100-Dächer-Förderprogramm soll und kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Wir sind überzeugt, dass unser Haushalt durch das Förderprogramm nicht überstrapaziert wird, auch nicht in den kommenden Jahren. Weil wir damit aber sehr, sehr viel erreichen können, wollen wir, dass es ohne Zögern losgeht. Jeder Tag zählt.

*) Darauf wurden wir hingewiesen: PV-Pioniere der ersten Stunde mit großen Dachflächen waren auch Hammersbacher Landwirte. Danke dafür!


Auf den Facebook-Seiten der Hammersbacher CDU und der Grünen kannst du nachlesen, welche Alternative sich die Koalitionsparteien vorstellen.

Am wichtigsten ist der Koalition die Einstellung eines Klimamanagers/ einer Klimamanagerin. Er/sie soll es dann durch ein „Gesamtkonzept“ richten. Vor allem sollen Energieeinsparmaßnahmen auf möglichst breiter Basis gefördert werden. Das sei sozialer, gerechter und ökologisch weitgreifender.


Ob solche Energieeinsparmaßnahmen wirklich eine gute Alternative zur Solarförderung sind, das bezweifelte Wilhelm Dietzel schon in der Debatte der Gemeindevertretung. Er rechnete vor:

„Bei einer guten Waschmaschine der Klasse A+++ geht man von einem Stromverbrauch von 150 kWh pro Jahr aus, ältere Geräte können durchaus 250 kWh benötigen. Eine Ersparnis von demzufolge 100kWh/a ergibt also bei 100 Geräten eine Einsparung von 10.000 kWh, etwa so viel wie ein 10 kWp PV-Dach. Bei einem Förderaufwand von 5.000 €! Keine wirklich gute Alternative also.“

Hammersbach hatte schon vor Jahren auf Antrag der SPD eine Förderung stromsparender Haushaltsgeräte. Das Energie-Team hat in den vergangenen Jahren ebennfalls verschiedentlich für den Austausch von Stromfressern geworben, u.a. zur LED-Einführung etc. Der Gedanke ist also nicht neu. Jeder, der Zeitung liest oder Nachrichten hört, hat gerade in jüngster Zeit wieder viele Tipps zum Stromsparen bekommen. Das ist alles nicht verkehrt, erreicht aber bei weitem nicht die Dimensionen der Eigenstromproduktion durch eine Solaranlage auf dem Dach.

Die Situation bei den „Großentscheidungen“ ist eine besondere, eine davon ist die Entscheidung über die Photovoltaik auf dem Dach. Hier ist die „Investitionsschwelle“ deutlich höher als beim Kauf eines Kühlschranks und die Entscheidung fällt nicht leicht. Dass die Ampelregierung gerade jetzt auch noch einmal bei der Förderung nachgesteuert hat, zeigt nur, dass neue Anreize dringlich sind, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien gelingen soll. In Hammersbach kann das auf absehbare Zeit nur die Solarenergie sein. Die Förderung von Energieeinsparmaßnahmen wird nicht genügen, um die Klimaziele zu erreichen.

Da sind wir sprachlos!

Von den Unterstützern der schwarz-grünen Koalition lesen wir nun Kommentare wie: „Richtige Entscheidung. Der SPD-Antrag ist reine, unsoziale Klientel-Politik wie es die FDP nicht besser machen könnte.“

Ist das nicht irre? Allein in der näheren Region gibt es mehrere Kommunen, die solche Förderprogramme aufgelegt haben. Mit Zustimmung oder auf Initiative grüner Kommunalpolitiker, in Biebergemünd gar auf Antrag der CDU. Und alle Förderprogramme der Ampel-Regierung (und ihrer Vorgänger), die der Photovoltaik, der Wärmedämmung an Gebäuden usw. einen Push geben sollen, sind also „unsoziale Klientelpolitik“, weil sie sich an Hausbesitzer wenden? Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln.

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