Hammersbach wird Klima-Kommune

Einstimmig beschloss die Gemeindevertretung auf Antrag der SPD, dem Bündnis „Hessen aktiv: die Klima-Kommunen“ beizutreten, um dem lokalen Kampf gegen den Klimawandel neuen Schub zu geben.

Fraktionsvorsitzender Wilhelm Dietzel begründete den Antrag und stellte ihn in den Zusammenhang der bisherigen Klimaschutz-Aktivitäten der Gemeinde. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann, führt jetzt zu neuen Schritten.

„In dieser Legiskaturperiode haben wir etlich Anträge gestellt. Dieser ist einer der wichtigsten. Wir wollen dem Bündnis „Hessen aktiv: die Klima-Kommunen“ beitreten, um dem lokalen Kampf gegen den Klimawandel neuen Schub zu geben. Wir brauchen eine erneuerte Bestandsaufnahme, die Anpassung unseres Konzeptes an die veränderten Gegebenheiten und neue Aktivitäten.

Vom Bündnis können wir kompetente Beratung und individuelle Unterstützung erwarten, Vernetzung, Erfahrungsaustausch, Wissenstransfer und nicht zuletzt erhöhte Fördersätze.

Worum geht es? Um sparsamen und effizienten Umgang mit Energie und um eine klimafreundliche Energieversorgung durch erneuerbare Energien.

Das beschäftigt ja auch auf höchster politischer Ebene die Entscheidungsträger. Manchmal geht es da quälend langsam voran. Deshalb ist es nicht unbedingt erstaunlich, dass es „fridays for future“ auf die Straßen getrieben hat.

Mit dem großen Wurf zur Klima-Rettung tun sich die Entscheidungsträger schwer. Erst in diesem Jahr hat die Bundesregierung ihre Klimaziele für 2030 festgelegt und ab 1. Januar 2021 soll ein neues EEG-Gesetz gelten, das den Ausbau der Erneuerbaren kräftig steigern soll. Die EU berät derzeit ein ambitioniertes Programm: „European Green Deal“, das hoffentlich nicht im Laufe der Beratungen verwässert wird.

Zwei Jahrzehnte Vorgeschichte

Wir versuchen hier im Kleinen seit mehr als zwei Jahrzehnten unseren Beitrag zu leisten. Das will ich kurz rekapitulieren.

1998 stellte die SPD- Fraktion den Antrag, eine „Agenda 21“ zu erarbeiten. Dann wurde ein Jahrzehnt lang zusammen mit interessierten Bürgern an diesem Konzept und Umsetzungsschritten gearbeitet. Die SPD stellte begleitend Anträge zum Erdgasversorgung (um die üblichen alten Ölheizungen überflüssig zu machen), zur Solarenergie, zur Energieeinsparung und zur Energieberatung. Mit öffentlichen Veranstaltungen flankierte die SPD die Agenda. Heute kaum noch nachvollziehbar gab es kuriose Diskussionen um die Explosionsgefahr bei Gasanschlüssen und die Abschaffung der Glühbirnen!

Fleißarbeit des Energie-Teams

Im April 2011stellte die SPD den Antrag, ein Energiekonzept für Hammersbach zu erarbeiten. Der Antrag forderte den Gemeindevorstand auf, dabei die Hammersbacher Bürger mit einzubeziehen. Was sich daraus entwickelte, konnten auch wir nicht erahnen. Mehrere Bürger, alles Männer – Ingenieure und Physiker – meldeten sich nach dem Aufruf der Gemeinde, um am Energiekonzept mitzuarbeiten. Heute wären sicher auch Frauen dabei! In vielen Sitzungen erstellten diese Bürger ehrenamtlich ein Energiekonzept, das den Vergleich mit Konzepten aus Ingenieurbüros nicht zu scheuen brauchte. Im Juni 2013 wurde es vorgelegt. Man findet hier eine genaue Darstellung des damaligen Ist-Zustandes und Handlungsempfehlungen für eine Energieversorgung aus erneuerbaren Energien und für einen effizienteren Umgang mit Energie. Das Konzept wurde verkürzt auch als Flyer in die Haushalte verteilt.

In der Folgezeit erstellte und veröffentlichte das „Energie-Team“ immer wieder Empfehlungen und Vorschläge zu den Themen Energie, Energieeffizienz und Verkehr. Auch mehrere Energietage wurden vom Energieteam organisiert.

Wir freuen uns, dass unser Antrag zum Energiekonzept ein solches Eigenleben entwickelt hat, durch das die Ziele unseres Antrags beispielhaft erfüllt wurden.

Jeder Beitrag zählt

Jeder Einzelne von uns kann mit seinem Verbrauchsverhalten ein kleines Stück zur CO2 -Reduktion beitragen. Deshalb gab es die Idee des Gemeindevorstandes, besonders gelungene Beispiele von Bürgern, Bürgergemeinschaften oder Gewerbetreibenden öffentlich zu machen, durch die Energiesparmedaille zu würdigen und dadurch andere zur Nachahmung zu ermutigen. Das haben wir ausdrücklich unterstützt.

Wenn viele Bürge klimaneutrale Energien nutzen und durch Effizienz-Fortschritte Energie einsparen, wird aus vielen kleinen Maßnahmen am Ende auch ein messbarer Effekt. Wir sollten das nicht unterschätzen und die Beratung und Unterstützung der privaten Haushalte erheblich ausweiten.

Denn „für das Gelingen der Energiewende ist der Beitrag der Privathaushalte unerlässlich“ *)

Gerade hier gibt es noch viel Luft nach oben! Bundesweit verfügen derzeit nur 23% der Haushalte über eine von sieben Energiewendetechnologien (Solarthermie, Photovoltaik, Wärmepumpe, Batteriespeicher, Kraft-Wärme-Kopplung, Holzpelletheizung, E-Auto).

Uns hat aber die Dorferneuerung gerade erst vor Augen geführt, wie viel private Initiative mobilisiert werden kann, wenn gut beraten und gefördert wird. Das muss uns auch für den Energiesektor gelingen!

Die Gemeinde geht voran

Die Gemeinde selbst leistet schon seit Jahren ihre eigenen Beiträge.

Als erste Kommune im Main-Kinzig-Kreis stellte Hammersbach zum Beispiel die Straßenbeleuchtung vollständig auf die erheblich sparsamere LED-Technik um. Jährlich werden so fast 80.000 kWh eingespart. Das entspricht einer Einsparung gegenüber der Zeit vor LED von rd. 65%. Bisher wurden über eine halbe Million kWh eingespart!

Zusammen mit Nachbargemeinden Anfang der 20er Jahre ein interkommunaler Windpark geplant, dessen Einrichtung uns viele Vorteile beschert hätte – vor allen Dingen eine rechnerische Autarkie, also die vollständige Selbstversorgung mit erneuerbarer Energie. Das Vorhaben konnte vor allem aufgrund von Einwänden der Flugsicherung nicht umgesetzt werden. Das große Ziel der Autarkie beim Stromverbrauch musste daher vorerst aufgegeben werden.

Seitdem wurde eine Reihe kleinerer Maßnahmen umgesetzt, viele davon durch SPD-Anträge angestoßen.

  • Die Gemeinde bezieht ausschließlich Ökostrom.
  • Solaranlagen auf Dächern der Kinderburg, der Feuerwehr, des Bauhofs und der Kläranlage produzieren seit etlichen Jahren Sonnenstrom.
  • Seit 2016 fährt das erste Dienstfahrzeug der Gemeinde mit E-Antrieb
  • Die Beleuchtung in gemeindeeigenen Gebäuden wird sukzessive auf LED-Technik umgerüstet (aktuell z.B. im Martin-Luther-Haus und im Historischen Rathaus)
  • Die Gemeinde beteiligt sich an der hess. Energiesparaktion (HESA). Hier geht es v. a. um Beratung zur Energieeinsparung in Alt- und Neubauten und Fördermöglichkeiten. Das hat z. B. im Rahmen der Dorferneuerung eine Rolle gespielt.
  • Die Gemeinde ist Mitglied des Kommunalen Energie-Effizienz Netzwerk Oberhessen (KENO). Hier steht der Austausch der Verwaltungen im Vordergrund. Best Practice Beispiele zur Energieeffizienz werden vorgestellt, alles mit dem Ziel, ein optimales Energie-Management umzusetzen.
  • Die Gemeinde nimmt am Stadtradeln teil (Vorbildwirkung für Mobilität ohne Auto; Teilnahme der Gemeindevertreter könnte besser sein!) und bemüht sich um die Verbesserung der Radwege-Verbindungen. Eine Ladestation für E-Bikes ist in diesem Zusammenhang an an der Krebsbachbrücke entstanden.
  • Nicht zuletzt: Ein Antrag der CDU-Antrag zu prüfen, ob LED-Flutlicht auf der Sportanlage im OMP die alte Flutlichanlage ersetzen kann, war im Ausschuss schon fast als unrentabel ad Acta gelegt. Nun wieder Licht am Horizont, offenbar neue Fördermöglichkeiten!

Man sieht, in Hammersbach ist schon einiges geschehen. Viele Entwicklungen zeigen in die richtige Richtung.

Aber unsere Möglichkeiten sind nicht ausgeschöpft.

Wir brauchen noch mehr Energie-Effizienz und noch mehr Erneuerbare! Am besten eine mitreißende Solar-Initiative.

Dazu können wir einen neuen Schub und qualifizierte Unterstützung vertragen. Wir sollten deshalb dabei sein bei „Hessen aktiv: die Klima-Kommunen“ und von den Vorteilen profitieren.“

Die CDU stimmte zwar dem Antrag der SPD zu, legte aber überraschend einen Ergänzungsantrag mit einigen Konkretisierungswünschen für den von den Sozialdemokraten angestrebten Aktionsplan zum Klimaschutz vor. In den vorbereitenden Beratungen des Umweltausschusses hatte sich die CDU hingegen noch ganz bedeckt gehalten und keine Initiative gezeigt.

Das enstpricht nicht parlamentarischen Gepflogenheiten, denn eigentlich sollen die Ausschüsse durch gründliche Beratungen die Beschlüsse der Gemeindevertretung vorbereiten, aber die SPD-Vertreter blieben entspannt und stimmten der CDU-Vorlage zu. „Was die CDU hier vorschlägt, ist nicht überraschend und wird alles auch in der SPD-Fraktion überlegt. Wir können ohne Probleme zustimmen“, so Fraktionsvorsitzender Wilhelm Dietzel.


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