Hans Eichel im Bürgertreff

Mit einem engagierten und äußerst sachkundigen Vortrag zum Thema „Der Euro, Risiken und Chancen für Deutschland und Europa“ beeindruckte der ehemalige hessische Ministerpräsident und Bundesfinanzminister Hans Eichel in Hammersbach sein Publikum. Eichel war einer Einladung der Hammersbacher Sozialdemokraten in den Bürgertreff Langen-Bergheim gefolgt.

Ortsvereinsvorsitzender Wilfried Bender erinnerte bei seiner Begrüßung Hans Eichel daran, dass er vor knapp zwanzig Jahren bei der Einweihung der Kinderburg schon einmal in Hammersbach zu Gast war. Eichel konnte sich noch gut an das Zusammentreffen mit Helga Meininger erinnern. War sie doch eine der ersten weiblichen Inhaberinnen des Bürgermeisteramtes in Hessen.

Die erste Viertelstunde jedoch gehörte Christoph Degen. Er nutzte die Gelegenheit, für seine Wahl in den hessischen Landtag zu werben und den „dringend notwendigen Regierungswechsel“ aus seiner Sicht zu begründen. Insbesondere beklagte er das katastrophale Durcheinander in der schwarz-gelben Bildungspolitik und die Unterfinanzierung der hessischen Kommunen durch die CDU-FDP-Regierung.

Hans Eichel hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für den Euro. In klarer Sprache und ausgesprochen sachlichen Ausführungen setzte Eichel ein stichhaltiges Argument an das andere, um jedem Euroskeptiker den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er erläuterte die wohlbegründete Einführung des Euro vor dem Hintergrund des europäischen Einigungsprozesses, ohne dabei die kritischen Problempunkte in der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung aus dem Auge zu verlieren. Dabei setzte er allerdings auch deutliche Akzente. Wir haben vor allem eine Bankenkrise, weniger eine Schuldenkrise, so Eichel. Japan und die USA haben eine deutlich höhere Verschuldungsquote als alle Länder in Euroraum, ausgenommen Griechenland. Doch darüber spreche niemand. Dennoch, die öffentlichen Schulden in Deutschland und die vieler europäischer Länder sind zu hoch und müssen reduziert werden. Dies jedoch mit Augenmaß, ohne die Wirtschaftskraft der südeuropäischen Länder zu strangulieren. Mit der unfassbar hohen Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa versündigen wir uns an der künftigen Generation dieser Länder, so Hans Eichel voller Leidenschaft. Wir müssen die Kaufkraft unserer europäischen Nachbarn und Partner erhalten und möglichst stärken. Dies liege auch im ureigensten Interesse Deutschlands, das als Exportnation von zahlungskräftigen Nachbarn profitiere. Ohnehin sei Deutschland eindeutig der Gewinner beim Euro. Die niedrigen Kapitalkosten befeuern zahlreiche private Investitionen und erzeugen so weitere Entlastungen für unseren heimischen Arbeitsmarkt. Trotz aller Behauptungen und gefühlter Inflationsverluste sei der Euro in 14 Jahren preisstabiler geblieben als die DM in ihren letzten 14 Jahren. Hans Eichel plädierte nachdrücklich für eine stärkere Integration und Zusammenarbeit, auch in der Finanz-, Währungs- und Steuerpolitik, einhergehend mit deutlich mehr Kompetenz für das Europaparlament. Nur dort entstehe die nötige demokratische Legitimation.

Das Zeitbudget ließ leider nur noch wenige Fragen aus dem Publikum zu, so dass Eichel versicherte, gerne noch einmal nach Hammersbach zu kommen, wenn das gewünscht werde. Von den gastgebenden Sozialdemokraten und dem Publikum wurde das dankbar angenommen, so dass vielleicht ein weiterer Abend zur Vertiefung des Themas folgen wird. „Ich bin ja nicht unbedingt ein Anhänger der Sozialdemokratie“, fasste ein Besucher seine Eindrücke zusammen, „aber das war ein brillanter, sachkundiger und politisch fairer Vortrag ohne Wahlkampfgetöse. Ich bin froh, hier gewesen zu sein.“

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