Haushalt 2013 mit SPD-Mehrheit beschlossen

Die Zustimmung der SPD-Fraktion zum Haushalt begründete Fraktionsvorsitzender Wilhelm Dietzel, umrahmt von der Weihnachtsdekoration im Bürgertreff. Mit 15 Stimmen der SPD-Fraktion gegen 8 Stimmen der CDU beschloss die Gemeindevertretung den Gemeindehaushalt für das Jahr 2013. Den Parlamentariern lagen eine Reihe von Anträgen des Gemeindevorstandes sowie ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

Viele Anträge wurden einstimmig beschlossen. Die CDU lehnte allerdings – wie schon in der Vergangenheit – alle Gebührenerhöhungen ab. Der Antrag der CDU, mit dem „Energie aus Wildpflanzen“ weiter gefördert werden sollte, fand hingegen nicht die Zustimmung der SPD.

Die Etat-Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden dokumentieren wir hier:

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren,

In seiner Rede zur Einbringung des Haushaltes bemühte Bürgermeister Göllner einen Vergleich mit den Ereignissen im Märchen vom Hasen und dem Igel. Immer schneller versucht der Hase zu laufen, aber er kann nicht gewinnen. Übersetzt in eine Grundthese zur Lage der Kommunen heißt das:
unter den gegebenen Bedingungen haben die strukturell unterfinanzierten Kommunen keine realistische Chance, gleichzeitig ihre Aufgaben zu erfüllen und ihre Haushalte zu konsolidieren.
Ich will den Bürgermeister hier nicht wiederholen, aber ein paar illustrative Zahlen nennen:
– Nettoausgaben für eine neue Aufgabe (U3-Betreuung): 426.500 €
– Zuschuss aus der Gemeindekasse für die Kinderbetreuung insgesamt: 1.075.000 € vor interner Leistungsbeziehung
– geschätzte 50.000 € Mehraufwand in der Verwaltung für die doppische Buchführung
– um 100.000 € gestiegene Kreis- und Schulumlage
– 79.000 € Kompensationsumlage (2011 vom Land neu erfunden)
– geringere Einnahmen bei der Einkommenssteuer: 400.000 € weniger als 2008
Das ist die Lage in Hammersbach. Aber wir sind nur ein Beispiel unter vielen.

„Im Bundesland Hessen wird seit über zwei Jahren erbittert über die finanzielle Situation und die Finanzausstattung der Kommunen gestritten. Im Zentrum dieser Auseinandersetzung steht dabei die dauerhafte Kürzung der Landeszuweisungen in Höhe von rund 350 Mio. Euro.“, heißt es in einer aktuellen Studie über die Kommunalfinanzen in Hessen. „Die Stimmung im kommunalen Bereich ist auf dem Tiefpunkt angelangt“, so der Präsident des Hessischen Landkreistags Robert Fischbach (CDU) in einer Anhörung des Haushaltsausschuss im Hessischen Landtag im September 2011. Fischbach weiter: „Wir fühlen uns vom Land überhaupt nicht mehr verstanden.“ [Kommunalfinanzbericht 2012 im Auftrag von Verdi]
In den Presseberichten über die Haushaltsberatungen der Städte und Gemeinden lesen wir (egal ob sie schwarz oder rot oder sonstwie regiert werden) von Maintal bis Sinntal immer die gleichen Texte.  Ein Beispiel aus Langenselbold:
„Deutlich wurde in den Beratungen, dass insbesondere Einflüsse von außen, wie die hinzugekommene Kompensationsabgabe an den Kreis oder der Einbruch der Gewerbesteuer … zur massiven Schieflage des jüngsten Haushaltes geführt haben.“ (Bernd Matt, Fraktionsvorsitzender der CDU)
Da muss es nicht wundern, dass auch die CDU-Kandidatin für den Bundestagswahlkreis 180, Katja Leikert, die „mangelhafte Finanzausstattung der Kommunen, insbesondere bei der Kinderbetreuung“ als eines der wichtigsten Themen ihres Wahlkampfes nennt. Sie wird wohl ihre Gründe haben.

Ein Wort noch zur Rolle der Doppik. Seit ihrer Einführung belasten erhebliche Abschreibungen die kommunalen Haushalte, die es in der alten kameralen Welt gar nicht gab. Deshalb ging der Gesetzgeber schon bei der Einführung davon aus, dass für die Leistungen der Gemeinden höhere Entgelte verlangt werden müssten und Steuererhöhungen nicht zu vermeiden seien.
Ich zitiere (LT-Drucks. 16/2463, S. 30):
„Viele Gemeinden werden den Haushaltsausgleich auf dieser Grundlage zunächst nicht erreichen können. Die Veranschlagung und ergebniswirksame Verbuchung von zusätzlichen Aufwendungen wie z.B. Abschreibungen auf sämtliche Vermögensgegenstände und Rückstellungen…, die im derzeitigen Haushaltsrecht nicht vorgegeben sind, werden zwangsläufig zu Haushaltsfehlbeträgen führen. … Für den … Haushaltsausgleich notwendige Ertragssteigerungen, z.B. durch Festlegung kostendeckender Leistungsentgelte und Anhebung der Steuersätze, werden sich nur sukzessive über einen langfristigen Zeitraum realisieren lassen.“
Der Gesetzgeber wusste also, was er anrichtete, und er wusste damals schon, was er den Gemeinde empfiehlt: Gebühren- und Steuererhöhungen.

Weitere Belege für die angespannte Lage der Kommunen können in der aufschlussreichen Studie von Verdi nachgelesen werden. Daraus nur ein Hinweis zum Thema Kassenkredite, weil das ja hier im Sommer schon einmal die Gemüter erhitzt hat:
Der „drastische Anstieg“ der Kassenkredite wird hier ausdrücklich als Beleg für die schwierige kommunale Finanzsituation aufgeführt. Aus einem Instrument zur Überbrückung kurzfristiger finanzieller Engpässe wurde flächendeckend ein Dauerfinanzierungsinstrument. Während die Kassenkredite vor 2001 fast ohne Bedeutung waren, erhöhten sie sich bis 2006 auf etwa 3 Milliarden €, und bis 2011 auf 6,4 Milliarden €. Tendenz steigend.
Das hat übrigens nichts mit über Gebühr wachsenden Ausgaben zu tun. Die Ausgabenquote der hessischen Kommunen sinkt seit 1994! (Da wird es schwer, eine gute Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Zukunftsfähig ist das nicht!)
Warum führe ich das alles noch einmal auf? Das Material ist erschlagend! Sie sollten endlich damit aufhören zu behaupten, dass die schwierige Finanzlage unserer Gemeinde hausgemacht ist. Ist sie nicht!
Natürlich glauben Sie, als Opposition mit solchen Aussagen bei den Bürgern punkten zu können. Aber glauben Sie mir. Den Bürgern ist es lieber, die Wahrheit zu erfahren als darauf zu hoffen, dass Sie die Kompetenz hätten, die Finanzen der Gemeinde in absehbarer Zeit in Ordnung zu bringen. Da täuschen Sie sich selbst und ihre Wähler.

Jeder kommunale Haushalt sollte im besten Fall Ausdruck unserer Zielentscheidungen sein. Wir müssen wissen, was unsere Gemeinde besonders prägt, wir müssen die örtlichen Gegebenheiten kennen, unsere Potentiale sehen und entwickeln. Denn, machen wir uns nichts vor, unsere Gemeinde steht im ständigen Wettbewerb mit anderen Kommunen um die Menschen, die wir überzeugen müssen, dass es sich lohnt, gerade hier zu leben.
Wir müssen uns daher ein paar Fragen stellen:
1. Welche Standortfaktoren müssen gepflegt werden?
2. Wer kann uns unterstützen? (Das ist die Frage nach interkommunaler Zusammenarbeit, bürgerschaftlichem Engagement und Eigeninitiative.)
3. Wie können die Aufgaben sparsam und wirtschaftlich erfüllt werden?
4. Welche Qualitätsstandards (sollen) gelten?

Wenn wir uns diese Fragen beantwortet haben, können wir die Arbeit des Gemeindevorstandes und der Verwaltung bewerten und wir können uns an die Aufgabenkritik machen, d.h. fragen, ob wir uns Unnötiges, Falsches, zu Teures, gar Luxuriöses leisten.
Und wir können uns fragen, ob wir unsere Einnahmequellen nicht ausreichend ausgeschöpft haben. Sind eventuell Gebührenhaushalte nicht ausgeglichen? Sind gemeindliche Steuern zu niedrig angesetzt?
Wer zu diesen Fragen Anregungen braucht, sollte sich den „Leitfaden für konsolidierungsbedürftige Gemeinden und Gemeindeverbände“ vornehmen, das auf der Internetseite der Landesregierung stand, dann aber doch lieber wieder heruntergenommen wurde – wohl deshalb, weil hier klar wurde, dass die Gemeinden wenig Möglichkeiten haben, höhere Einnahmen zu erzielen, und daher die Reduzierung ihrer Aufgaben ins Visier nehmen sollen. Klar, wenn man die strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinden nicht behebt, bleibt nur dieser schlechte Ausweg. Den wollen wir nicht gehen.

Wir sehen im Haushaltsentwurf des Gemeindevorstandes sehr viel Positives, das es zu unterstützen gilt:
• Die Gemeindeentwicklung geht weiter mit großer Dynamik voran, und das in beispielhafter interkommunaler Zusammenarbeit mit umliegenden Gemeinden
• Hammersbach nimmt die Herausforderungen des demographischen Wandels an und behauptet erfolgreich seinen Platz in der Region (ablesbar an den Zahlen und Prognosen zur Einwohnerentwicklung)
• Hammersbach nutzt konsequent und erfolgreich seine Möglichkeiten, um für die örtlichen Vorhaben zahlende Partner zu gewinnen. Das gilt vom jetzt fertig gestellten FFW-Gerätehaus über die Dorferneuerung bis zum Senioren-Wohnprojekt. Ohne die Unterstützung des Landes oder des Kreises wären wir mit solchen Vorhaben sicherlich überfordert.

Die SPD-Fraktion hat den Entwurf des Haushalts wie immer sorgsam und intensiv beraten. Neben der  finanziellen Situation der Gemeinde hat uns natürlich auch interessiert, ob und  wieweit sich unsere kommunalpolitischen Zielsetzungen hier wiederfinden und ob dem Haushalt anzumerken ist, dass der Gemeindevorstand sich um Sparsamkeit bemüht hat. Sie sehen, die SPD hat all die Fragen aufgegriffen, die ich hier bereits skizziert habe.
Zu welchem Ergebnis kommen wir?
1. Dieser Haushalt setzt in allen kommunalpolitischen Aufgabenfeldern das um, was wir uns vorgenommen haben.
Wir stehen für Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungseinrichtungen von hoher Qualität für unsere Kinder und Jugendlichen.
Wir stehen für das interkommunale Gewerbegebiet als Beitrag zur Wirtschaftskraft und Infrastruktur, mit neuen Arbeitsplätzen und neuen Steuerquellen.
Wir stehen für das Dependance-Modell zur Pflege älterer Menschen in unserer Mitte.
Wir stehen für Dorferneuerung und Innenentwicklung. Es freut uns sehr, dass unsere Ideen von außen als so beispielgebend wahrgenommen werden, dass Bürgermeister Göllner das Land Hessen bei einer Veranstaltung auf der „Grünen Woche“ in Berlin vertreten und dort Teile unseres Dorfentwicklungskonzeptes vorstellen wird.
Damit können wir im regionalen Wettbewerb bestehen und die Herausforderungen des demographischen Wandels meistern – und bis jetzt gelingt das unserer Gemeinde gut. Wir wissen, dass junge wie alte Menschen sich in Hammersbach aufgehoben fühlen und gerne hier leben.
Wir stellen auch fest, dass der Gemeindevorstand sparsam handelt und jeden Cent dreimal herumdreht. Die Sachausgaben bleiben im Rahmen und die Personalausstattung in der Verwaltung stabil. Es gibt keine unsinnigen Ausgaben, schon gar keinen Luxus, und es gibt die Sparsamkeit auch im Kleinen. Der Gemeindevorstand hat so manchen Wunsch der Mitarbeiter zurückgewiesen oder zeitlich nach hinten verlegt und damit bewiesen, dass es ihm mit der Sparsamkeit sehr ernst ist. Das wissen wir zu schätzen.

Fassen wir soweit zusammen: das, was die Gemeinde zur Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger leistet, ist notwendig, wichtig, richtig und zukunftsweisend. Alle Generationen profitieren davon, in besonders hohem Maße unsere Kinder.
Was ist daran falsch! Nichts! Falsch ist, dass den Gemeinden für diese Aufgaben nicht in ausreichendem Maße Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden – auch gegen Recht und Gesetz. Es kann doch nicht sein, dass das Land Hessen seinen Verpflichtungen erst nachkommt, wenn es vom Staatsgerichtshof dazu gezwungen wird – so geschehen bei den Standards für die Kindergärten, wo die Vorschriften verschärft wurden, ohne den Kommunen für die Mehrbelastung einen  Ausgleich zu zahlen.
Wer bestellt, bezahlt. Wenn dem Konnexitätsprinzip, das in der hessischen Verfassung verankert ist, endlich Geltung verschafft wird, bekommen die Gemeinden wieder Luft, ihre Aufgaben zu erfüllen und gleichzeitig ihre Haushalte zu konsolidieren. Dafür sollten wir uns alle gemeinsam in unseren Parteien stark machen.

Vorerst bleibt die Lage schwierig, und der Gemeindevorstand hat sich daher entschlossen, auch einige Einnahmeverbesserungen vorzusehen. Das betrifft die Gewerbesteuer, die Grundsteuern A und B und die Kindergartengebühren. Das alles wird übrigens vom hessischen Finanzminister und dem hessischen Rechnungshof ausdrücklich gefordert. Vor die Wahl gestellt, Verzicht auf Leistungen/Schließung von Einrichtungen oder Verbesserungen auf der Einnahmeseite, wählen wir das kleinere Übel und stehen damit an der Seite des Gemeindevorstandes. Wir tragen die Gebühren- und Steuererhöhungen mit. Maßvolle Gebühren- und Abgabenerhöhungen sind ab und zu nötig, damit die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht noch weiter auseinander geht.
Übrigens gibt es in diesem Parlament eine Fraktion, die jede Gebührenerhöhung immer abgelehnt hat und selbst diesen kleinen Beitrag zur Konsolidierung verweigert. Im Sommer haben wir zu unserer Überraschung Lars Keweloh mit einem eindrücklichen Plädoyer gehört, der zum ersten Mal für die CDU drastische Einnahmeerhöhungen verlangte. Offenbar ist aber das gesprochene Wort im Parlament nicht immer von wirklicher Bedeutung.
Ein Letztes: Herr Kollege Kovascek, Sie haben im Sommer behauptet, in Hammersbach sei in der Vergangenheit „viel falsch gelaufen“, die SPD habe über Jahre die falsche Politik gemacht und zum Unglück unserer Gemeinde die Einsparungsvorschläge der CDU nicht angenommen. Vielleicht nehmen Sie sich mal einen Zettel und schreiben unter ein paar Spiegelstrichen ganz konkret auf, was wir so falsch gemacht haben, dass es den Haushalt ruiniert hat. Ein paar weitere Spiegelstriche könnten sie dann noch den Einsparungsvorschlägen der CDU widmen. So könnten Sie meinen Eindruck (Stand heute Abend) korrigieren: von der CDU gibt es zum Haushalt 2013 keine Einsparvorschläge, dafür aber einen Antrag, der eine zusätzliche freiwillige Ausgabe vorsieht. Erkennbare Initiativen zur Weiterentwicklung unserer Gemeinde sehe ich auch nirgends. Ich bin also gespannt auf ihre Ausführungen.

Wir sind alle nicht erstaunt, dass der vorliegende Ergebnishaushalt nicht ausgeglichen werden kann und mit einem Fehlbedarf abschließt.  Das ist bitter, aber aus eigener Kraft nur zu geringen Teilen zu ändern. Der Gemeindevorstand hat jedenfalls dazu das Mögliche getan.
Wir müssen hoffen, dass wir in den nächsten Jahren – wie angekündigt – mit höheren Anteilen an der Einkommensteuer gesegnet werden. Dann gibt es wieder Licht am Horizont. Vor allem müssen wir von kommenden Landesregierungen fordern, dass sie die Verfassung erfüllen, mutig gegensteuern und die Kommunen endlich finanziell so ausstatten, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können.
Die SPD-Fraktion dankt den Mitarbeitern der Verwaltung, insbesondere Frau Kremer, den Kolleginnen und Kollegen des Gemeindevorstandes und Bürgermeister Michael Göllner.
Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt für 2013 zu.

Wilhelm Dietzel
SPD-Fraktionsvorsitzender
11.12.2012

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