Ermächtigungsgesetz vom 23. März 1933

SPD Hammersbach erinnert an die Selbstaufgabe der Demokraten am Beginn der Nazi-Diktatur

Am 23. März jährt sich zum siebzigsten Mal ein Ereignis, das in der Öffentlichkeit relativ wenig Aufmerksamkeit erfährt,  obwohl es für den Lauf der deutschen Geschichte von großem Gewicht ist. Die Rede ist vom Ermächtigungsgesetz, das am 23. März 1933 von der wenige Wochen im Amt befindlichen Nazi-Regierung zur Abstimmung gestellt wurde.

Während ihrer letzten Vorstandssitzung erinnerte der Ortsvereinsvorsitzende der Hammersbacher SPD, Wilfried Bender, an dieses gerade für Sozialdemokraten bedeutsame geschichtliche Ereignis. Waren es doch Sozialdemokraten, die sich als einzige politische Kraft damals gegen die Nazi-Willkür stemmten.

Durch den Reichtagsbrand vom 27. Februar musste die entscheidende Parlamentssitzung des Deutschen Reichstages in die nahe gelegene Krolloper verlegt werden. Es sollte für lange Zeit die letzte freie Parlamentssitzung in Deutschland sein. Die beeindruckendste Rede an diesem denkwürdigen Tag hielt zweifellos der Vorsitzende der SPD-Fraktion im damaligen Deutschen Reichstag, Otto Wels. Wels leitete die Ablehnung des Gesetzes durch die SPD-Fraktion mit unvergessenen Worten ein: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht“. Die Sozialdemokraten stimmten dem Ermächtigungsgesetz nicht zu. Die letzte freie Stimme in einem deutschen Parlament, die von Otto Wels, erlosch für 13 lange Jahre.

Das Ermächtigungsgesetz fand, wie wir wissen, dennoch eine überwältigende Mehrheit. Das Parlament trat damit wesentliche Teile seines Rechtes an die Nazi-Regierung ab. Die Folgen sind bekannt.

Die Reichstagswahl am 05. März hatte für die NSDAP zwar eine relative, aber keine absolute Mehrheit gebracht.  Eine Mehrheit gegen die NSDAP am 23. März 1933 wäre daher möglich gewesen. Die bürgerlichen Parteien im Deutschen Reichstag stimmten aber  für das Ermächtigungsgesetz, darunter auch der spätere erste Bundespräsident Theodor Heuß.

Der Fraktionsvorsitzende der Hammersbacher SPD, Wilhelm Dietzel, erinnerte an die Situation in Hammersbach vor 70 Jahren. Eine Woche nach den Reichtagswahlen fanden am 12. März 1933 bereits Wahlen zur Gemeindevertretung statt.

In Marköbel kandidierten die Vertreter der NSDAP nicht offen, sondern hatten ihre Vertreter in der bürgerlichen Einheitsliste. Von den 12 zu vergebenden Sitzen errang die bürgerliche Einheitsliste 6 Mandate, die SPD (unter dem Namen Arbeiterliste angetreten) kam auf 5 Sitze, der Christlich-Soziale Volksdienst auf einen Sitz. Der damalige Bürgermeister von Marköbel, Wilhelm Goldacker, wurde Ende April abgesetzt, die SPD-Parlamentsvertreter wurden wenig später ausgeschlossen. Bis zum Ende des Krieges bestand die Marköbeler Gemeindvertretung nur noch aus sieben Mitgliedern.

Weniger friedlich ging es im März 1933 in Langen-Bergheim zu. Durch starken Druck von  SA-Verbänden aus dem Kreis Büdingen wurde die Aufstellung einer SPD-Liste zum Teil mit Gewaltdrohungen verhindert. So fanden die Gemeindevertreterwahlen vom 12. März 1933 in Langen-Bergheim bereits ohne SPD-Vertreter statt.

Die „Gleichschaltung“ aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte wurde von den Nazis schon im März 1933 auf allen Ebenen eingeleitet oder vollzogen. Auch in Marköbel und Langen-Bergheim wurden Vereine aufgelöst oder nach dem „Führerprinzip“ undemokratisch neu organisiert.

Der Vorstand der Hammersbacher SPD war sich einig: „Sich daran zu erinnern und zu mahnen, wohin die Selbstaufgabe der Demokraten führen kann, muss eine ständige Aufgabe bleiben.“

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