110 Jahre Sozialdemokratie in Hammersbach

Mit einem Sektempfang und feiner Jazz-Musik von Moni Marners Jazz-Quartett begrüßte die Hammersbacher SPD zahlreiche Gäste im Bürgertreff Langen-Bergheim, um gemeinsam mit ihnen das 110-jährige Bestehen der Sozialdemokratie in der Gemeinde zu feiern. 1906 wurde in Marköbel ein „sozialdemokratischer Wahlverein“ ins Leben gerufen. Damit ist die offizielle Gründung der SPD in Hammersbach datiert, auch wenn es vorher im Ort schon sozialdemokratische Bestrebungen gab.

Der erste Vorsitzende der Hammersbacher SPD, Wilfried Bender, konnte weit über hundert Mitglieder und geladene Gäste aus der Gemeinde und der näheren Umgebung willkommen heißen. Darunter die Ehrenbürgermeisterin Helga Meininger, Bürgermeister Michael Göllner, die Vorsitzende der Gemeindevertretung Ursula Dietzel, den Bundestagsabgeordneten Dr. Sascha Raabe und Vereinsvertreter der Hammersbacher Vereine mit der Vorsitzenden des Vereinsrings, Angelika Wiewrodt. Eine weitere Anreise hatte der Oberbürgermeister der Stadt Gotha, Knut Kreuch, in Begleitung von Uwe Walter aus der Partnergemeinde Günthersleben-Wechmar auf sich genommen. Fast pünktlich traf dann auch der Hauptredner des Abends, Hessens SPD-Chef Thorsten Schäfer- Gümbel ein.

Durch das Programm des Abends führte locker und kurzweilig der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Chris Shea, der als erstes Thorsten Schäfer-Gümbel zu seiner Festansprache bat. Dieser spannte einen Bogen von der Geschichte der Sozialdemokratie und ihren politischen Zielsetzungen bis zu aktuellen Themen der Gegenwart. Die Sozialdemokraten seien in Deutschland an allen entscheidenden Entwicklungen hin zur Demokratie in Staat und Gesellschaft maßgeblich beteiligt gewesen. Auch das Thema Flüchtlinge wurde natürlich von ihm angesprochen. So war er kürzlich im Nordirak in einem Flüchtlingslager und hatte dort die Möglichkeit mit Flüchtlingen zu sprechen. Erschrocken war er dort über die erschreckende Versorgungssituation, mit der er die Flüchtlinge konfrontiert sah. Hier nahm er zwei Botschaften der Flüchtlinge entgegen, die lauteten: Wir wollen zurück in unser Land. Wir haben Angst vor der Flucht und sind doch gezwungen, uns auf den Weg zu begeben. Erschüttert war Schäfer-Gümbel über die Brandanschläge auf Flüchtlingsheime, „die das hässliche Gesicht Deutschlands zeigen“. Er lobte hingegen die ehrenamtlichen Helfer, deren unermüdliches Handeln unendlich wertvoll sei.

Gothas OB Kreuch betonte die freundschaftliche Verbundenheit mit den Hammerbacher Parteifreunden, die noch aus der Wendezeit 1989/90 rührt. Damals hatte er in seiner Heimatgemeinde Wechmar eine Partnerschaft mit einer hessischen Gemeinde angestoßen und die Hammersbacher hatten zugegriffen. Die Sozialdemokraten unterstützten Kreuch später bei der Gründung der SPD und bei seinem ersten Bürgermeisterwahlkampf. Auch wenn die Gemeindepartnerschaft nach 25 Jahren ein wenig verblasst ist, blieb der Kontakt unter den Sozialdemokraten bis heute eng und freundschaftlich. Das, so Kreuch, wünsche er sich auch für die kommenden Jahre.

Weitere Grußworte sprachen der Bundestagsabgeordnete Dr. Sascha Raabe und die Vorsitzende des Hammersbacher Vereinsrings, Angelika Wiewrodt, die sich dafür eigens in die örtliche Geschichte der SPD vertieft hatte. Mit einiger Bewunderung schaute sie auf die Standhaftigkeit der Gründer, die im Kaiserreich trotz Überwachung und Restriktionen aller Art unerschütterlich für die Grundsätze und Ziele der Sozialdemokratie eintraten.

Zu einem anschließenden „Kamingespräch“ bat Chris Shea dann Helmut Klees, Helga Meininger, Wilhelm Dietzel und Bürgermeister Michael Göllner auf die Bühne. Statt einer Geschichtsstunde sollten persönliche Erlebnisse und Eindrücke Schlaglichter auf die Entwicklung der SPD in Marköbel, Langen-Bergheim und Hammersbach werfen.

Helmut Klees, gerade 80 Jahre alt geworden, war lange Zeit als Ortsvereinsvorsitzender und als Erster Beigeordneter tätig, zielte aber in seinem Beitrag in die Dreißigerjahre. Er zitierte persönlich berührt aus einem Brief an seinen Vater, der von den Nazis aus dem Staatsdienst entfernt wurde, weil er 1932 für die SPD in Hochstadt kandidiert hatte.

Helga Meininger warf zunächst einen Blick auf die Zeit nach dem Krieg, als in beiden Dörfern die SPD wieder unangefochten zur stärksten Kraft wurde. Dann berichtete sie vom Zusammenschluss zur neuen Gemeinde Hammersbach, wo es anfangs für die Sozialdemokraten gewohnt erfolgreich weiterging. Bis es zu den verbissenen Auseinandersetzungen zwischen der SPD und „ihrem“ Bürgermeister Glänzer kam.

Vom schlimmen Ende konnte Wilhelm Dietzel berichten, der als junger Genosse hier Entscheidendes gelernt hatte. Der Versuch nämlich, den in der Bevölkerung immer noch beliebten Bürgermeister noch wenige Tage vor einer Kommunalwahl durch einen SPD-Kandidaten zu ersetzen, führte für die SPD zu einem Desaster. Die SPD verlor damals die Hälfte ihrer Wählerinnen und Wähler. Für Dietzel ergab sich daraus die dauerhafte Erkenntnis, dass man die Bürger nur durch gute Arbeit überzeugen könne, keinesfalls aber „für dumm verkaufen und in ihren Rechten beschneiden“.

Über den allmählichen Wiederaufbau berichtete Ehrenbürgermeisterin Helga Meininger, mit deren Wahl 1984 die Sozialdemokraten wieder Tritt fassten, obwohl, wie sie betonte, die Idee für ihre Kandidatur damals vom Bürgerblock und nicht von der SPD kam. Aus ihrer zwanzigjährigen Bürgermeistertätigkeit hob sie besonders den langen Kampf für den Autobahnanschluss hervor, und das herausragende Jahr 1989 mit den historischen Feierlichkeiten in Marköbel und auf dem Baiersröderhof, mit ihrer unangefochtenen Wiederwahl durch die Gemeindevertretung und dem Mauerfall am 9. November, aus dem sich die Partnerschaft zu Wechmar und ihrem Freund Knut Kreuch entwickelte.

Bürgermeister Michael Göllner, der sich nach der Erkrankung Helga Meiningers 2004 zum ersten Mal zur Wahl stellte, übernahm eine wohl bestellte Gemeinde im Gefühl, eigentlich sei „das meiste fertig“ und man müsse nur noch den Kurs halten. Heute wisse er es besser, denn täglich neue Herausforderungen und Überraschungen forderten von ihm vollen Einsatz. Sein sozialdemokratischer Kompass zeige ihm dabei, dass es bei allen Entscheidungen gerecht und sozial zugehen müsse.

Zum Ende des Festaktes wurden etliche Mitglieder für ihre langjährige Mitgliedschaft und durch Oberbürgermeister Knut Kreuch für besondere Verdienste mit Urkunden ausgezeichnet. Für 50 Jahre Parteimitgliedschaft ehrte Dr. Sascha Raabe Arthur Demuth, für 40 Jahre Petra Burton, Jürgen Höfler, Erwin Koch, Christa und Herbert Zinke, Brigitte und Volkard Orth und Rudolf Sirsch, für 25-jährige Mitgliedschaft Ursula Dietzel. Für ihre herausragenden ehrenamtlichen Aktivitäten ehrte Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch Ursula Dietzel (15 Jahre Vorsitzende der Gemeindevertretung), Helmut Klees (jahrzehntelange Tätigkeit als Gemeindevertreter, Erster Beigeordneter, Kassierer und Vorsitzender des SPD-Ortsvereins), Sabine Kropp (20 Jahre Gemeindevertretung) und Helmut Kropp (über 15 Jahre Gemeindevertretung und 10 Jahre Erster Beigeordneter).

Im Anschluss an den offiziellen Festakt feierten die Sozialdemokraten mit ihren Gästen das Jubiläum mit leckeren Häppchen und Getränken bis in den Abend hinein.

(Text: Roland Dieckmann/Hanauer Anzeiger; SPD Hammersbach)

Bilder von der Veranstaltung finden Sie in unserem Fotoalbum.

Print Friendly, PDF & Email
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner